Ein Schuljahr lang haben sich die Schüler:innen des Oberstufen-Sozialgenial-Projektkurses „Stolpern- erinnern – nach vorne schauen: jüdisches Leben in der Eifel“ mit Holocaustopfern ihrer Schule und ihrer Wohnorte beschäftigt. Nun zeigt eine Ausstellung auf Vogelsang im „Raum der Stille“ direkt im Eingangsbereich von Vogelsang IP die Ergebnisse – von Schülerinnen und Schülern für andere Jugendliche und Erwachsene gestaltet und in Kooperation mit den Organisatoren Cedric Morgenstern und Manuel von Zelisch über mehrere Monate hinweg entwickelt. Auf sechs großformatigen Tafeln werden Biografien von ehemaligen jüdischen Mitschülern, von Nachbarn der eigenen Großmutter, von Holocaustopfern, deren Leben bisher nicht näher untersucht worden ist, dargestellt. Jede Tafel enthält auch einen kurzen Kommentar, warum sich die Schülerin oder der Schüler die jeweilige besondere Biografie ausgesucht hat.
Der Projektkursschüler Christian Baran z.B. beschäftigte sich mit dem Kaufmannssohn Richard Kaufmann aus Gemünd, weil „er als ehemaliger Mitschüler der Höheren Stadtschule zu Schleiden, der Vorgängerin des heutigen JSG, der einzige von drei Brüdern war, der trotz rechtzeitiger Flucht in die Niederlande 1934 mit seiner Frau und seinem halbjährigen Kind 1942 im Vernichtungslager Auschwitz umgebracht wurde.“
Lena Schurz entschied sich im Projektkurs für Recherchen zu dem bisher weniger bekannten Max Moses Wolff aus Gemünd, „weil sein Stolperstein durch die Flut von 2021 in Gemünd schwer beschädigt worden ist und eine Wiederverlegung des Stolpersteins durch Spenden des JSG für November 2024 geplant ist.“ Wolff war nach seiner Deportation nach Theresienstadt im Alter von 82 Jahren gestorben.
Einen persönlichen Zugang wählte die Projektkursschülerin Mia Bongard. Sie recherchierte zu Julia (Julie) Katz aus Kall. Deren Familie betrieb in Kall eine Metzgerei. Einige Häuser weiter entfernt befand sich die Apotheke der Familie Mias. Die Großmutter der Schülerin erzählte ihrer Enkelin, wie man Julia Katz, als es zunehmend Repressionen gegen Juden und Jüdinnen gab, Nachbarschaftshilfe gewährt und z.B. Kleidung und Nahrung bereitgestellt habe. Julia Katz, geboren 1867, wurde 1942 interniert, nach Riga deportiert und im Holocaust ermordet.
Die Projektkursschülerin Celin Theivasuthan erforschte Quellen zu Martin Löwenstein, geboren 1889, und seiner christlichen Frau Theresia, geborene Buchner, aus Olef. Auf die Frage, weshalb sie sich für das Leben dieser Familie entschieden habe, gab die Schülerin folgende Antwort: „Es gibt viele Fälle von jüdischen Familien in der Eifel, deren Leben noch unerforscht ist. Da die Eheleute Löwenstein zu diesen Familien zählen, entschied ich mich dazu, ihre Biografien näher zu untersuchen, auch in der Hoffnung, dass in den folgenden Jahren Stolpersteine für sie verlegt werden können, sodass die Löwensteins auch ein Teil der Erinnerungskultur werden können.“
Martin Löwenstein wurde im Oktober 1944 nach Theresienstadt deportiert und starb dort kurz darauf. Seine Frau emigrierte nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA.
Die Schülerinnen und Schüler des Projektkurses verwendeten außer Büchern zum Thema für ihre Recherchen Material aus analogen und digitalen Archiven wie z.B. dem Stadtarchiv Schleiden, den Arolsen Archives, dem Gedenkbuch Bundesarchiv, dem Familienbuch Euregio, dem Joods Monument, der Datenbank Yad Vashem, dem NS-Dokumentationszentrum und der Chronologie des Holocaust und erwarben so auch Kenntnisse der wissenschaftlichen Methodik.